Samstag, 21. Juli 2012

Obskures aus der Atomwirtschaft

Die ablaufende Woche hielt Kuriositäten aus der Atomwirtschaft bereit. So wird jetzt China zum Grossinvestor für Grossbritanniens Atombranche, nachdem alle anderen ausgestiegen sind. Der Bau des finnischen Grossmeilers in Olkiluoto erfährt unterdessen eine weitere Verspätung.

In der vergangenen Woche soll es gemäss der Nachrichtenagentur Reuters Gespräche des staatlichen chinesischen Kraftwerksbetreibers China National Nuclear Corporation (CNNC) mit britischen Behördenvertretern gegeben haben, meldet der "Guardian". Auch ein weiteres Staatsunternehmen, die China Guangdong Nuclear Power Corporation, habe Interesse signalisiert, in das Horizon-Konsortium zu investieren, das Wylfa in Wales und Oldbury in Gloucestershire Meiler errichten will. Zusätzlich, so der "Guardian", hätten die Chinesen auch Interesse am Bau von Anlagen in Bradwell in Essex, Heysham in Lancashire und Hartlepool in County Durham.

Auch der französische Energiekonzern EDF ist am Bau neuer Reaktoren in Großbritannien interessiert. Eine Sprecherin des Energieministeriums in London sagte, Großbritannien sei "offen für Geschäfte", sofern die Regulierungsbehörden zustimmten. Greenpeace meldete Bedenken an. Es sei ein Zeichen von Verzweiflung, wenn die britische Regierung auf chinesische Staatsunternehmen setze, weil ein Abschluss mit anderen Investoren nicht gelinge. So würden britische Steuern an den chinesischen Staat fließen. Zuvor waren die deutschen Stromkonzerne E.on und RWE als mögliche Investoren abgesprungen, nachdem die Bundesregierung in Folge der Fukushima-Katastrophehie hierzulande den Ausstieg aus der Atomenergie verordnet hat.

Die Atomlobby-Organisation «nuklearforum» meldet derweilen, was französische Tageszeitungen wie Le Figaro und  Le Monde vor Tagen bekannt gemacht hatten. Der Bau eines Gross-AKW im finnischen Olkiluoto (siehe Bild - mit französischer Beteiligung) kommt nicht vom Fleck. Bereits im Frühjahr waren Betonierungsarbeiten eingestellt und seither nicht wieder aufgenommen worden - und nun steht auch die (bereits wiederholt verschobene) Betriebsaufnahme erneut zur Disposition. Auf jeden Fall wird es nichts mit dem Betriebsbeginn innerhalb von zwei Jahren. Die finnische Bauherrin, die Teollisuuden Voima Oyj (TVO), geht demnach davon aus, dass die EPR-Einheit Olkiluoto-3 nicht wie Ende Dezember 2011 angekündigt im August 2014 den ersten Strom erzeugen wird, sondern erst später. Die TVO stützt sich bei ihrer Einschätzung laut eigenen Angaben auf Informationen des Baukonsortiums Areva-Siemens. Sie erklärte, dass die Installationsarbeiten und das Automatisierungssystem, die in der Verantwortung der Areva-Siemens lägen, nicht gemäss Lieferantenzeitplan fortgeschritten seien. Die Arbeiten kämen jedoch voran und Probleme mit den verbleibenden leittechnischen Komponenten würden Schritt für Schritt gelöst. Die TVO erwarte vom Baukonsortium eine Aktualisierung des Zeitplans.

Die Areva liess ihrerseits verlauten, die TVO habe trotz Zusicherungen noch keine geeignete Betriebsorganisation bereitgestellt. Die Areva habe die TVO am 6. Juli benachrichtigt, dass die Planung neu beurteilt werden müsse und die TVO von nun an für die Verspätungen seit Frühjahr 2012 verantwortlich sei. Die Areva verlange von der TVO einen vollen Einsatz, damit das Projekt unter klaren Bedingungen fortgesetzt werden könne.

Quellen: im Text erwähnt

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Montag, 16. Juli 2012

Hunderttausende auf der Strasse

Wie gewohnt bei Grossdemonstrationen variieren die Zahlen zu den TeilnehmerInnen gewaltig. Offizielle Kreise sprachen davon, Zehntausende Japaner hätten in Tokio gegen die Rückkehr zur Atomkraft protestiert. Der Veranstalter allerdings nannte bis zu 200.000 Demonstranten. 

Bis März 2011 war die Zahl der Anti-Atom-Aktivisten in Japan winzig, zu Demonstrationen kamen gerade mal einige Dutzend Umweltschützer. Dann traf die Katastrophe von Fukushima das Land, und heute machen Menschenmassen gegen Atomstrom mobil. Mehrere zehntausend Japaner haben am Montag in Tokio für ein Ende der Atomenergie in Japan demonstriert. Nach Veranstalterangaben versammelten sich bis zu 200.000 Menschen nahe des Yoyogi-Parks südöstlich des Stadtzentrums.

"Wir brauchen keine Atomenergie! Gebt uns die Region Fukushima zurück", riefen Demonstranten. Sie waren aus allen Regionen des Landes in die Hauptstadt gereist. "Ich will meinen Kindern und Enkeln ein sauberes Japan hinterlassen", sagte eine demonstrierende Rentnerin. Unter den Aktivisten waren auch Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe und der japanische Popstar Ryuichi Sakamoto. Die Organisatoren hatten ursprünglich nicht mit einem solchen Ansturm gerechnet: Sie waren von lediglich rund 100.000 Teilnehmern ausgegangen. Die Polizei machte zunächst keine Angaben zur Teilnehmerzahl.

Japan will noch diese Woche im Atomkraftwerk Oi einen zweiten Reaktor wieder ans Netz nehmen. Nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima im März 2011 hatten die Behörden für Sicherheitsüberprüfungen alle 50 Atomreaktoren des Landes heruntergefahren, derzeit ist erst einer wieder in Betrieb. In den vergangenen Monaten haben Anti-Atom-Demonstrationen stetig zugenommen. Ungeachtet aller Proteste wollen die Betreiber die Reaktoren aber schrittweise wieder in Betrieb nehmen. 

Quellen: Agenturen 

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Montag, 9. Juli 2012

Atomenergie ist Verbrechen

Was der Bericht des japanischen Parlaments über die Fukushima-Katastrophe enthüllt, ist erschütternd: Nicht der Tsunami hat die Nuklear-Katastrophe ausgelöst, sondern menschliches Versagen. Viele Meiler in Japan sind in dem von Erdbeben geplagten Land nicht gegen Erdbeben geschützt, sondern auf Erdbeben-Gebieten errichtet. Bislang hatte der japanische Atombetreiber Tepco immer behauptet, der Tsunami sei die eigentliche Ursache gewesen. Jetzt wissen wir es amtlich: Es waren die Erdbeben. Und die gibt es nicht nur in Japan. Ein Kommentar des deutschen Umweltpublizisten Franz Alt, der angesichts der Unbedenklichkeitserklärung für die Schweizer AKW durch die AKW-Aufstichtsbehörde ENSI besondere Aktualität erfährt.
 
Auch in Europa stehen genug alte Schrottmeiler, die nicht gegen Erdbebengefahren gesichert werden können. Zum Beispiel in Fessenheim im Elsass, 70 Kilometer vom Schreibtisch entfernt, an dem diese Zeilen geschrieben werden. Auch deutsche Atomreaktoren sind nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert. Es gibt also bekannte Mängel, die natürlich auch den „Verantwortlichen“ bekannt sind wie die Mängel in Japan bekannt waren. Und dennoch laufen die Reaktoren weiter. Nichts gelernt aus Tschernobyl und Fukushima. Das ist ein Verbrechen an der Menschheit und an der gesamten Schöpfung. Das Problem, so wissen wir jetzt, ist also nicht nur die sprichwörtliche japanische Hörigkeit gegenüber den Autoritäten. Auch deutsche Ingenieure und französische Staatsräson sind anfällig für atomare Verbrechen.
Der ICE zum Beispiel hätte nie entgleisen dürfen, aber er ist entgleist – und zwar mehrfach. Danach heißt es immer: Eigentlich hätte es nicht passieren dürfen. Ja, eigentlich! Wo Menschen sind, wird es immer wieder menschliches Versagen geben. Oder technisches Versagen. Alles andere Denken ist schlicht menschlicher Größenwahn. Und dieser ist das eigentliche Problem hinter der Atompolitik. Noch erschütternder ist, dass in Japan just in der Woche, in welcher der Fukushima-Bericht veröffentlicht wurde, die ersten AKW nach der Fukushima-Katastrophe wieder ans Netz gingen.

Wie viele Tschernobyls und Fukushimas brauchen wir eigentlich noch, um aus den Katastrophen etwas zu lernen? Es ist kein Fehler, wenn Menschen Fehler machen. Aber es ist ein besonders großer Fehler, wenn wir aus Fehlern nichts lernen.

In Japan hat der Untersuchungsbericht dieser Woche das Totalversagen von Regierung und Atomindustrie enthüllt. Jetzt endlich fordern auch immer mehr Japaner den Totalausstieg. Nur die Bürgergesellschaft vermag die Verrücktheiten ihrer Regierungen und die Verbrechen ihrer Atomindustriellen noch in die Schranken zu weisen.

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The National Diet of Japan - The official report of"The Fukushima Nuclear Accident Independent Investigation Commission"

Dienstag, 3. Juli 2012

Sonne & Wind überflügeln Atom

Weltweit hält die Zurückhaltung bei der Atomkraft an. Im ersten Halbjahr 2012 wurde nur mit dem Bau eines einzigen AKW in Russland begonnen. Zwei seit Jahrzehnten betriebene Baustellen in Bulgarien wurden endgültig eingestellt. Zwei AKW begannen den Betrieb und zwei AKW wurden endgültig abgeschaltet.

Das Umdenken nach Beginn der Katastrophe in Fukushima hält an. Waren bis dahin mehrere Jahre lang immer mehr AKW-Baustellen begonnen worden, halten sich jetzt auch Länder wie China und Südkorea bei der Atomkraft zurück. Nur die alte Atommacht Russland hat im ersten Halbjahr 2012 mit dem Bau eines neuen AKW begonnen. In dieser früheren Weltmacht, die die meisten Staatseinnahmen aus Gas- und Ölförderung erzielt und die für die Katastrophe von Tschernobyl verantwortlich ist, sind jetzt elf AKW in Bau.

Kürzlich wurden von den Verbänden der Solar- und Windindustrie ihre Zahlen für das Jahr 2011 veröffentlicht. Bemerkenswert ist ein Vergleich der weltweiten Kapazitätsänderungen von Atom-, Solar und Windkraft: Im Jahr 2011 schrumpfte die Atomkraft um 7,4 GW (Gigawatt = 1 Million Kilowatt). Die Windkraft wuchs um 41 GW und der neue Star Solarkraft nahm um 28 GW zu. 

Quelle: Raimund Kamm / FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.  2012

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